Mainova Frankfurt Marathon: „Wir sind in eine neue Dimension gelaufen“

Start zum Mainova Frankfurt Marathon (Copyright „Mainova Frankfurt Marathon / Andreas Arnold“)

Bayerische Laufzeitung, 28. Oktober 2025

Mainova Frankfurt Marathon: „Wir sind in eine neue Dimension gelaufen“

Renndirektor Jo Schindler über ein Rennwochenende der Rekorde, die spürbare Solidarität unter Läufern und die Faszination dafür, wenn sich Tausende in Bewegung setzen.

17.000 gemeldete Läufer auf der Marathondistanz, über 30.000 Teilnehmer in allen Wettbewerben – Rekordwerte für den Mainova Frankfurt Marathon. Wie blicken Sie auf die 42. Ausgabe? 

Das vergangene Wochenende war sicher ein Meilenstein in der Geschichte der Veranstaltung. Wir sind in eine neue Dimension gelaufen. Es galt sich für uns, als der besondere Run auf die Startplätze absehbar wurde, organisatorisch anzupassen. Beispielsweise haben wir den Start zuvor in zwei und nun in vier Wellen durchgeführt, um diese große Zahl an Teilnehmern gut über die Strecke und ins Ziel zu bringen. Das ist uns sehr gut gelungen. Da bin ich sehr stolz auf unser Organisationsteam, das gezeigt hat, welch hohe Qualität es hat. Denn es hatten sich durchaus neue und andere Herausforderungen ergeben. 

Diese große Zahl an Läufern hat am letzten Oktoberwochenende mit den Füßen für Frankfurt abgestimmt. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg persönlich im 24. Jahr als Renndirektor? 

Dieses großartige Feedback aus der Laufszene gebührt natürlich nicht nur mir, sondern dem gesamten vielköpfigen Team in der Organisation. Es fühlt sich gerade so an, als ob wir ein neues Tor aufgestoßen haben. Ich bin überzeugt, dass die Zahlen dieser 42. Ausgabe keine einmalige Angelegenheit bleiben werden, sondern dass wir uns auf weitere Zuwächse freuen können in den kommenden Jahren. Was natürlich mit der Verpflichtung einhergeht, unsere geliebte Veranstaltung dafür bestmöglich zu präparieren. Fakt ist, dass wir Anschluss gefunden haben an die größten Marathons in Europa. Wir hatten einige Gäste von großen Laufveranstaltungen in Frankfurt vor Ort – viele davon haben sich sehr beeindruckt gezeigt.

In dem seit Jahren währenden kleinen Wettstreit mit dem Hamburg Marathon um Rang zwei hierzulande hinter Berlin ist Frankfurt in 2025 wieder vorbeigezogen. 

Das ist eine schöne Momentaufnahme in unserem freundschaftlichen Duell, über die wir uns freuen. Im kommenden Jahr wird es vermutlich wieder andersherum sein, weil die Hamburger ihr 40-jähriges Jubiläum feiern und jetzt schon beeindruckende Meldezahlen haben. Grundsätzlich ist es natürlich auch für unsere Sponsoren wichtig zu sehen: Ja, wir erreichen mit dem Investment in den Mainova Frankfurt Marathon nicht nur eine kleine Blase, sondern wirklich die Masse an Bewegungs- und Laufsportbegeisterten. Wir treffen mit unserer Veranstaltung ja offensichtlich den Zeitgeist, was sich auch in den stark gestiegenen Besucherzahlen auf unserer Marathonmall spiegelt. Mit diesem Rückenwind wollen wir nun gerne mehr Partner für den ältesten deutschen Stadtmarathon gewinnen.

Gibt es an solch einem dicht getakteten Rennwochenende Momente, die bei Ihnen haften bleiben? Wo sie besonders registrieren: Das, was wir hier auf die Beine stellen, bedeutet sehr vielen Menschen etwas? 

Ja, definitiv. Den Start unseres Marathons empfinde ich immer als beeindruckend – und in diesem Jahr ganz besonders. Wenn ich oben auf der Startplattform stehe und sehe, welche Massen an Läufern da loslaufen, fasziniert mich das sehr. Und das schönste ist: Die meisten haben ein Lächeln im Gesicht.

Und in der Festhalle, dem besonderen Alleinstellungsmerkmal des Mainova Frankfurt Marathon?

Natürlich gibt es die großartigen Momente beim Zieleinlauf. Wenn man sieht, wie zu manchen Zeiten der Strom an Ankommenden dichter und dichter wird. Wenn man den roten Teppich unter den Füßen der Läufer kaum noch sehen kann. Aber dann die Läufer sich so solidarisch verhalten, dass sie bei aller Freude über das Erreichte nicht lange dort stehen bleiben. Sondern Platz machen, weil sie sehen, dass viele Menschen nachfolgen und ebenso ein fantastisches Zielerlebnis haben wollen. Das zeigt den Spirit und den Umgang der Läufer miteinander sehr eindrucksvoll.

Ist das Fassungsvermögen der Festhalle zu den „Stoßzeiten“ etwas, was Sie für die kommenden Jahre umtreibt? 

Ja, das haben wir natürlich sehr im Blick. Wir haben die 42. Ausgabe schon genutzt, um wertvolle Erkenntnisse zu sammeln. Zum Beispiel hat uns überrascht, wie schnell nach dem Startschuss die erste Welle auf der Strecke war. Unsere Auswertung der Daten wird zeigen, ob man erste und zweite Welle vielleicht zeitlich näher zusammenrücken kann. Und wie es an den uns bekannten Engstellen, die jede Marathonstrecke nun mal hat, funktioniert hat.

Was folgt daraus?

Ich träume davon, dass wir 20.000 angemeldete Marathonläufer haben. Nur sollten wir das nicht innerhalb eines Jahres erreichen, sondern mindestens einen Zwischenschritt einfügen.

Trotz des herausfordernden Wetters gab es wieder viele persönliche Bestzeiten im Frankfurter Rennen.

Nun war es gewiss ein Renntag mit herausfordernden Windbedingungen. Bis zur zweiten Runde in der Innenstadt inklusive Rückenwind auf der Mainzer Landstraße ging es eigentlich ganz gut. Aber auf den finalen fünf Kilometern in der Innenstadt hat der Wind um die Hochhäuser herum massiven Einfluss gehabt. Da haben viele Eliteläufer Zeit eingebüßt. Aber umso beeindruckender, wie viele Frauen und Männer unseres Elitefeld dennoch mit neuen persönlichen Rekorden aus Frankfurt abgereist sind. Großartig war natürlich die Leistung unserer äthiopischen Siegerin Buze Diriba mit einer Zeit unter 2:20 Stunden.

Der Sieger Belay Asfaw kam in 2:06:16 Stunden ins Ziel. Was sind die Gründe, warum die Männer am Main seit Jahren nicht mehr den 14 Jahre alten Streckenrekord von 2:03:42 durch Wilson Kipsang gefährlich werden können? 

Es hat in der Profiszene deutliche Verschiebungen der Gewichte gegeben. Es gibt drei Entwicklungen, die uns das Werben um ein starkes Männerfeld erschweren. Zum einen der enorm boomende Laufmarkt in Asien, vor allem in China. Dortige Rennveranstalter können Antritts- und Preisgelder zahlen, bei denen wir und die meisten europäischen Veranstalter nicht mithalten können. Zum besseren Verständnis: Dort kann ein Athlet selbst mit einer 2:08er Zeit 80.000 Dollar gewinnen. Natürlich orientieren sich Athleten und deren Managements dann dorthin.

Was ist die andere Entwicklung? 

Der zweite Punkt ist, dass uns mit dem Valencia Marathon zum Saisonende ein sehr starker Konkurrent erwachsen ist. Die Veranstaltung hat eine gute Strecke und wird von einem mit viel Leidenschaft agierenden Mäzen sehr großzügig finanziert. Das zieht beispielsweise auch deutsche Topathleten an.

Und was ist die dritte? 

Das sind die World Marathon Majors. Diese Serie entstand 2006 und benötigte etwas Zeit um ihre Kraft zu entfalten. Seit etwa 2015 binden die WMM viele Top-Athleten, zum einen mit einem respektablem Preisgeld, dann durch entsprechende vertragliche Regelungen mit ihren Ausrüsterfirmen bei diesen Rennen zu starten und nicht zuletzt mit dem sportlichen Image das damit verbunden ist, Sieger der Serie zu sein.

Diesen drei Herausforderungen stellen wir uns selbstbewusst, aber ich muss zugeben, eine bestechende Antwort haben wir noch nicht gefunden. Ein deutlich größeres Budget für den Spitzensport wäre sicherlich nicht schlecht. Wilson Kipsang verpasste 2011 in Frankfurt den Weltrekord nur um vier Sekunden. Er ist seine 2:03er Zeit bei uns ja weit vor dem Zeitalter der Carbonschuhe gelaufen. Wir wären sehr froh, wenn künftig einer mit Carbonschuhen an diese Zeit herankommen würde. Dorthin zu kommen, dass der Frankfurt-Gewinner wieder in den Top 10 der schnellsten Siegerzeiten weltweit auftaucht, ist ein Ziel, das wir aber nicht aus den Augen verloren haben.