Bayerische Laufzeitung, 16. Oktober 2024
… oder doch in die Viamala Schlucht?
Wie Arnold Grischott. Er ist nicht der schnellste Schluchtenkönig, aber der ausdauerndste König
Von Anita Fuchs
Eines steht fest: Die hölzerne Krone für den schnellsten Schluchtenkönig wird er nicht erhalten. Ein König könnte Arnold Grischott gleichwohl werden; er ist der einzige Läufer, welcher alle bisherigen 18 Rennen der Schluchtenkönig-Wertung erfolgreich meisterte. Zum zehnten Mal nimmt er am 19. Oktober den Transruinaulta und tags darauf den Transviamala in Angriff.
«Nächstes Jahr bist du wieder dabei, gell!» Dies sagte Boris Lys aus Bülach jedes Mal zu Arnold Grischott, wenn sich die beiden am Transruinaulta respektive am Transviamala begegneten. Und dies war von 2014, als sie sich bei der Transruinaulta-Premiere erstmals vor dem Start in Ilanz unterhielten, bis und mit 2019 stets der Fall. Dann kam Corona. Die zwei Anlässe wurden in jenem Jahr zwar durchgeführt, allerdings in einem anderen Format und ohne Rangliste.
2021 figurierten die zwei Läufer wieder auf der Teilnehmerliste – Arnold Grischott zwei-, Boris Lys einmal. Ihre Wege kreuzten sich so lediglich am Transviamala. Wie in den Jahren davor waren sie ungefähr gleich schnell unterwegs. Mit dem Unterschied, dass Arnold Grischott den Marathon vom Vortag in den Beinen hatte und Boris Lys vermeintlich frisch antrat. Was indes nicht der Fall war. Wie Arnold Grischott von seinem Kollegen erfuhr, hatte dieser 2020 Corona und spürte Nachwirkungen.
Auch vor zwei Jahren meldeten sich die zwei Sportler für beide Läufe an. Boris Lys beendete das Wochenende-Programm jedoch vorzeitig bei Halbzeit. Corona hinterliess bleibende Spuren. Und verunmöglichte 2023 gar einen Start. Dabei hätte sich Arnold Grischott so auf ein Wiedersehen gefreut. Die Kameradschaft, die er an den beiden Läufen mit dem 15 Jahre jüngeren Kollegen knüpfte, bedeutete ihm viel. Und sie machte das Wochenende-Programm zusätzlich speziell.
«Stolz ist ein zu grosses Wort»
Die Situation von Boris Lys rief Arnold Grischott die immense Bedeutung der Gesundheit, speziell auch für einen Ausdauersportler, noch bewusster in Erinnerung. Dass er den Transruinaulta und den Transviamala je neun Mal in Folge erfolgreich meistern durfte, erachtet er denn auch keineswegs als selbstverständlich und ist äusserst dankbar dafür. Insbesondere in Anbetracht des für eine derart grosse Herausforderung fortgeschrittenen Alters.
Wäre Corona nicht dazwischengekommen, so hätte Arnold Grischott seine zehnte Teilnahme an der Schluchtenkönig-Wertung vor zwölf Monaten und somit kurz vor seinem 70. Geburtstag feiern können. Und würde heuer vielleicht «nurmehr» den Transruinaulta curta und den Transviamala curta bestreiten. Jedenfalls schliesst er nicht aus, nach Vollendung des ersten runden Jubiläums auf die zwei kürzeren Distanzen zu wechseln. Auch das Schluchtenprinz-Klassement schätzt er als reizvoll ein.
Ist Arnold Grischott stolz, als einziger Läufer zum zehnten Mal auf der Teilnehmerliste der Etappenwertung zu stehen? «Stolz ist ein zu grosses Wort. Vielmehr ist dies ein cooles Gefühl. Wobei ich sagen muss, dass ich Glück hatte und jedes Mal gesund ins Ziel kam.» Überhaupt blieb der Paspelser in den 35 Jahren, in denen er läuft, von einer Rebellion seitens seines Körpers verschont. Abgesehen von diesem Frühling, als ihn eine Achillessehnenverletzungen zu einer Pause zwang.
«Die Aura ist unvergleichlich»
«Schaffe ich es ins Ziel?», lautete jedes Jahr die Kernfrage, wenn Arnold Grischott am Sonntagmorgen in Thusis im Startsektor des Transviamala steht. Der Transruinaulta vom Vortag, der auf den 42,2 Kilometern von Ilanz nach Thusis 1800 Höhenmeter beinhaltet, geht an die Substanz. Ebenso die zweite Hälfte des Wochenend-Pensums; beim 19 Kilometer langen Transviamala sind 19 Kilometer zu meistern, gespickt mit 950 Steigungs- und 620 Gefällemetern.
Es ist aber nicht nur die anspruchsvolle Topographie, welche die Teilnehmenden auf den zwei abwechslungsreichen Strecken fordert. «Die Wurzeln und Steine verlangen höchste Konzentration», sagt Arnold Grischott, «und man muss aufpassen, nicht in Euphorie zu verfallen.» In Anbetracht der traumhaften Gegend und des kollegialen Miteinanders unter den Läufern inklusive gegenseitigen Motivierens sei dies nicht ganz einfach.
Arnold Grischott absolvierte schon verschiedene Läufe im In- und benachbarten Ausland. Der Transruinaulta und der Transviamala seien jedoch sehr speziell. «Die Aura ist unvergleichlich. Ebenso die Stimmung – sei es am Start, im Ziel oder entlang der Strecken. Und natürlich die vielfältige Verpflegung, die auch Unkonventionelles wie Käse, Mostbröckli und Birnenbrot umfasst.» Die Organisatoren würden einen enormen Einsatz leisten, den die Läufer sähen und schätzten.
Vielleicht keine Rückkehr
«Nächstes Jahr bist du wieder dabei, gell!» Wie gerne würde dies Arnold Grischott zu Boris Lys sagen. Der Zürcher fehlt indes auch diesmal. Und wird aus gesundheitlichen Gründen möglicherweise nie mehr an den Transruinaulta und Transviamala zurückkehren. Dies im Gegensatz zu Arnold Grischott, der sich am 20. Oktober – sofern er die gesamthaft 61 Kilometer von Ilanz nach Thusis und weiter nach Donat erfolgreich bewältigt – als ausdauerndster König fühlen und feiern lassen darf.
Informationen: www.transruinaulta.ch und www.transviamala.ch