Die Nummer Eins lebt nicht mehr – Richard Friedrich an heimtückischer Krankheit gestorben

Richard Friedrich (1) auf dem Weg mit Dennis Pyka (2) zum Sieg beim MÜNCHEN MARATHON 2011

Bayerische Laufzeitung, 23. Februar 2022

Die Nummer Eins lebt nicht mehr – Richard Friedrich an heimtückischer Krankheit gestorben

Er trug die Nummer 1 bis ins Ziel. Der Sieg beim MÜNCHEN MARATHON 2011 war für Richard Friedrich einer seiner größten Erfolge. Er war auch viele Jahre die Nummer 1 bei der LG Passau, beinahe ein Musterschüler von Trainer Günter Zahn. Die beiden verband auch nach Karriereende eine innige Freundschaft. Da konnte die sportliche und räumliche Trennung nichts ändern. Denn Richard Friedrich zog es beruflich als Fluglotse auf die Kanalinsel Guernsey. Dort lebte er mit Frau Ulrike Maisch, der Marathon Europameisterin von 2006 und den beiden Kindern glücklich zusammen. Auch sportlich hatten sie mittlerweile wieder viele Freunde gefunden.

So manchen Besuch in der Heimat genossen sie aus vollen Zügen und nicht selten kam es vor, dass Richard beim Training der LG Passau vorbei schaute oder er –wie 2018 beim MÜNCHEN MARATHON- mit seinen Brüdern einen Marathon lief. Der letzte Besuch in seiner Heimat Grafenau verlief jedoch ganz anders. Richard klagte über Unwohlsein und Schmerzen. Sie ließen ihn bis heute nicht mehr los, gegen die aggressive Form der Leukämie hatte er keine Chance. Das letzte Rennen ging verloren. Wir trauern um einen Mitläufer und Freund.

Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Ulrike und den Kindern, seinen Eltern, seinem Trainer und Freund Günter Zahn mit Frau Gabi und allen Lauffreunden.

Ein Brüdertrio läuft Marathon – Trainer Günter Zahn freut`s.

Noch vor einem Jahr führten wir zwei Interviews mit Richard und Ulrike für die Bayerische Laufzeitung > 

Bayerische Laufzeitung 2021  Friedrich 
Marathon 

Bayerische Laufzeitung 2021 Interview Friedrich 

Bayerische Laufzeitung 2022 Maisch-Meine 10 schönsten Marathonläufe 

 

Seine Heimat titulierte ihn als „Woid G`sicht“, erschienen auf https://www.ferienregion-nationalpark.de/aktuelles/woid-gsichter-richard-friedrich.html 

WOID G’SICHTER: RICHARD FRIEDRICH

Guernsey/Grafenau. Zuhause ist kein Ort, Zuhause ist ein Gefühl. Diese häufig verwendete Floskel scheint für Richard Friedrich maßgeschneidert zu sein. Eigentlich hat der Ausdauerexperte seine Karriere als Leistungssportler seit einiger Zeit beendet. Das Laufen sollte nicht mehr der ausschließliche Lebensinhalt, sondern nur noch ein Hobby für den 39-Jährigen sein – so zumindest die anfängliche Vorgabe.

Auf der Kanalinsel Guernsey, wo der gebürtige Grafenauer mittlerweile wohnt, verbringt er jedoch wieder mehr Zeit in Sportschuhen als ursprünglich geplant. Weil er diese Minuten in der beeindruckenden Natur der britischen Kronkolonie genießen will. Und weil er ehrgeizige Mitstreiter gefunden hat, die seine Leidenschaft teilen.

Die vierköpfige Familie Friedrich fühlt sich auf dem Eiland im Ärmelkanal wohl, keine Frage. Guernsey ist ihr Zuhause. Ihre Heimat ist und bleibt allerdings der Bayerische Wald. Die Eltern leben nach wie vor in Grafenau, genauso wie weitere Verwandte, Bekannte und Freunde. „Es ist sehr schön“, betont er, „tiefe Wurzeln zu haben – zu wissen, dass es einen Ort gibt, an den man immer wieder zurückkehren kann. Diese Kontinuität schätze ich sehr.“ Umso trauriger stimmt es Richard Friedrich, dass er aufgrund der Corona-Beschränkungen seit knapp einem Jahr nicht mehr in die Säumerstadt reisen kann. Wobei: Die Heimat hat man bekanntlich immer bei sich. Im Herzen.

„Diese Kontinuität schätze ich sehr.“

Diese tiefe Verbundenheit zur Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald ist nicht gleich erkennbar. Friedrich spricht geschliffenes Hochdeutsch. „Jaja“, seufzt er, angesprochen auf den fehlenden Dialekt und erzählt schmunzelnd die dazugehörige Anekdote. „Das war schon in meiner Kindheit ein Problem. Meine Freunde haben mich damit aufgezogen. Immer, wenn es bei uns zu Hause Hühnchen gegeben hat, haben sie mich bewusst danach gefragt, was es denn heute bei uns zum Essen gibt – und dann herzlich gelacht, weil ich nicht Hendl oder Giggerl gesagt habe.“ Trotz jener Nickligkeiten blickt Richard Friedrich auf eine Kindheit zurück, wie man sie sich klischeehaft vorstellt: Der junge Bursche verbrachte viel Zeit im Freien, im benachbarten Nationalpark, war viel mit Freunden unterwegs. Dabei fühlte er sich nicht zur Blaskapelle oder zur Feuerwehr hingezogen, sondern zum Sport.

Als Fußballer probierte er sich bei den „Stodbärn“, wie die Kicker des TSV Grafenau genannt werden. Doch so richtig erfüllend war die Jagd nach dem runden Leder für ihn erst dann, wenn im Laufe der zweiten Halbzeit die meisten Ermüdungserscheinungen zeigten – nur er nicht. „Erst nach einer Stunde Spielzeit hat mir der Fußball Spaß gemacht“, blickt er heute zurück.

Seinem Vater, selbst ein passionierter Läufer, blieb das Ausdauertalent seines Sohnes nicht verborgen. Und als er eine Zeitungsanzeige der Leichtathletik Gemeinschaft (LG) Passau las, die darin ihr Stützpunkttraining anpries, nahm die Friedrichs Geschichte ihren buchstäblichen Lauf. Unter Günter Zahn, der bei den Spielen 1972 in München als letzter Fackelläufer das Olympische Feuer entzündete und selbst ein erfolgreicher Athlet war, wurde aus dem zunächst belächelten Quereinsteiger ein überregional bekannter Siegesanwärter bei den Langstrecken-Distanzen.

„Nach einigen Einheiten war ich es dann, der gelacht hat, als ich die 1.000 Meter unter drei Minuten absolviert habe.“

„Günter wollte mich zunächst in die Anfängergruppe stecken“, erinnert sich Richard Friedrich an die ersten Erlebnisse mit seinem Trainer, Förderer und Wegbegleiter, zu dem er noch heute ein gutes Verhältnis pflegt. „Ich habe darum gebeten, gleich zu den Besseren zu kommen, was er mir mit einem Lächeln erlaubt hatte. Nach einigen Einheiten war ich es dann, der gelacht hat, als ich die 1.000 Meter unter drei Minuten absolviert habe.“

Im Gegensatz zu Abermillionen Hobbysportlern, die sich zu ihren Joggingrunden regelrecht quälen müssen, tat sich der Grafenauer von Anfang an leicht. Er entwickelte eine Art Sucht, die ihn dazu antrieb mehr und mehr Kilometer zu „fressen“. Seine Leidenschaft für den Ausdauerbereich hat vor allem zwei Gründe: Einerseits sei das Laufen die „supereinfachste Art rauszukommen, weil es überall und zu jeder Jahreszeit möglich ist“. Andererseits bevorzugt er den Individualsport, weil er hier für sich und seine Leistung selbst verantwortlich zeichnet. „Beim Fußball muss man sich auf die Mitspieler verlassen. Doch was, wenn die einen Tag vorher lange weg waren?“