Bayerische Laufzeitung, 19. Dezember 2020
Von Wilfried Raatz, German Road Races (GRR)
Wie ist es um den Laufsport in der Pandemie bestellt?
German Road Races (GRR) legt die Auswertung der Blitzumfrage vor – Virtuelle Laufevents nur ein schwacher Ersatz – 90 % der Veranstalter hoffen auf 2021.
Auf ein beachtliches Interesse unter den deutschen Laufveranstaltern ist die in der zweiten Novemberhälfte von German Road Races (GRR) durchgeführte Blitzumfrage „Wie steht es um den Laufsport in der Pandemie? Wie greift die staatliche Hilfe bei den Laufveranstaltern?“ gestoßen. Die Auswertung stützt sich dabei auf 11 % der knapp 2000 angeschriebenen Veranstalter mit insgesamt 486 Events und 764.000 Teilnehmern (in 2019). Besonders rührig waren darunter die GRR-Mitglieder, die zu einem Drittel geantwortet haben und dabei auf 315.000 Teilnehmer bei 110 Events verweisen konnten.
Für 63 % der Laufveranstalter sind die Events die Haupteinnahmequelle, unter den GRR-Mitgliedern machen die Einnahmen bei den Läufen sogar 90 % aus. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Laufveranstaltungen für 2/3 der Organisationen (Verein, unterschiedliche Gesellschaftsform) die wichtigste Einnahmequelle s ind. Besonders gravierend „schlagen“ die Absagen bei den GRR-Mitgliedern zu buche, denn 75 % der Läufe (mit 80 % der Gesamtteilnehmer) mussten ausfallen. In der Gesamtauswertung liegt die Rate bei 44 % (mit 78 % der Gesamtteilnehmer).
Besonders rührig waren die GRR-Mitglieder mit einem virtuellen Laufangebot. 40 % der GRR-Mitglieder konnten ein virtuelles Rennen anbieten, immerhin ein Viertel der sonst gewohnten Teilnehmer nahmen dieses Angebot auch bereitwillig an. In der Gesamtbefragung lag der Anteil an virtuellen Laufangeboten allerdings bei lediglich 18 Prozent (mit einem deutlich geringeren Interesse/ 16 %).
Im Laufjahr 2020 nahmen über 24.000 Läufer ein reales Event-Angebot an, darunter 14.500 bei GRR-Veranstaltungen. Damit ließen sich mit realen und virtuellen Laufangeboten 20 % der Teilnehmer aus dem Jahr 2019 begeistern, was einem Umsatzverlust von 80 Prozent gleichkommt. Die Tatsache, dass lediglich 3 % an realen Läufen an der Startlinie standen, ist vor allem auf die Hygienebestimmungen der Länder und Kommunen zurückzuführen, die eine größere Beteiligung ausgeschlossen hatten.
Als besondere Einschränkungen bei der Durchführung einer Laufveranstaltung wurde die Teilnehmer-Limitierung genannt, zudem aber auch die Ausweitung der Startphase in kleinere Wellen oder Startblöcke. Weitere, allerdings nachvollziehbare Einschränkungen waren unter anderem die Sperrung für Zuschauern im Start- und Zielbereich und der verlängerte Helfereinsatz aufgrund des geänderten Startmodus. Als Gründe für eine abgesagte oder untersagte Veranstaltung wurden viele Aspekte genannt, darunter das Verbot von Großveranstaltungen, die nicht umsetzbaren Hygiene- und Abstandsauflagen, die fehlende Wirtschaftlichkeit aufgrund der Auflagen oder die gesundheitliche Gefährdung für Läufer und Helfer.Über zwei Drittel der befragten Veranstalter haben keine Hilfe bei einer staatlichen oder kommunalen Stelle beantragt, nicht zuletzt, weil keines der offerierten Hilfsprogramme „passend“ war. Bei den beantragten Unterstützungen ragen das Kurzarbeitergeld (13 %), die Soforthilfe für Kleinunternehmer und Solo-Selbständige (9 %), die Überbrückungs-hilfen des BMWI (5 %) sowie Hilfen der jeweiligen Landessportbünde (8 %) heraus. Nicht beantragt wurden von den Veranstaltern Liquiditätshilfen der Landesbanken. Zumindest erfreulich ist die Unterstützung für die Lauf-Veranstalter, die eine Hilfe beantragt haben, denn 91 % der Anträge wurden positiv beschieden.
Nach Einschätzung der Veranstalter reichen die beantragten bzw. vorhandenen finanziellen Mittel für die Vorbereitung der Events zumindest für sechs Monate, bei knapp 10 % der Veranstalter sind jedoch die Mittel spätestens in drei Monaten aufgebraucht. Erschwerend kommt gewiss hinzu, dass bereits gezahlte Meldegebühren ins Jahr 2021 transferiert wurden, sodass diese bei einer Neuauflage der Veranstaltu ng fehlen werden. Während die Hälfte der Veranstalter bereits 2021 mit wirtschaftlichen Auswirkungen rechnet, ist der Anteil unter den GRR-Mitgliedern mit 62 % deutlich höher.
Doch unter den Veranstaltern besteht eine überwältigende Bereitschaft, mit bisherigem Konzept oder veränderten Abläufen auch 2021 wieder an den Start gehen zu wollen. Bei 92 % aller Veranstalter besteht das „Prinzip Hoffnung“, wenngleich auch alternative Formen wie virtuell oder Wechsel der Veranstaltungsform denkbar wären. Die Motivation für die Planung einer Laufveranstaltung ist aber auch in der Zusage von Sponsorengelder begründet, hier ist eine Unterstützung von 65 % der bisherigen Sponsoringbeträge zugesichert. Aufgrund des Ausfalls bzw. der Reduzierung des Laufangebotes der terminierten Veranstaltung wurden 2020 nur bei einem Fünftel der Veranstalter die Sponsorengelder ausgezahlt, über die Hälfte erhielt keine oder nur eine geringe Unterstützung.
„Natürlich blicken wir mit großer Sorge auf die Entwicklung der Pandemie in den ersten Monaten des Jahres 2021 und damit auch auf die Möglichkeit einer Durchführung von Läufen. Die GRR-Blitzumfrage zeigt uns natürlich sehr deutlich, dass viele Laufevents in einem Höchstmaß gefährdet sind, wenn wir nicht in Kürze zu einer gewissen Normalität zurückkehren können“, zeigt sich Horst Milde als Vorsitzender der Interessens-gemeinschaft German Road Races (GRR) e.V. in einem Höchstmaß besorgt um den Fortbestand der breit gefächerten Veranstaltungskultur. „Eine weiter anhaltende Durststrecke können die Laufevents nicht verkraften, zumal man bislang das Laufjahr 2020 weitgehend noch mit Eigenmitteln bestritten hatte. Wenn die finanzielle Unterstützung für Laufevents nur in einem geringeren Maße möglich ist, dann fürchte ich, dass es eine größere Anzahl schon 2021 nicht mehr geben wird! Beindruckt hat mich auf jeden Fall der Mut und die Zuversicht bei den Laufveransta ltern, mit dem bisherigen Konzept bzw. veränderten Abläufen in die Planung für 2021 zu gehen!“